Quadrantisch. Praktisch. Gut. - Wie man den DXP Gartner Quadranten richtig liest

13.09.2024

Analyst vor seinem Laptop. Im Hintergrund großer Screen mit verschiedenen Daten

Gartner und Forrester sind zwei der einflussreichsten Forschungs- und Beratungsunternehmen der Welt, die sich auf verschiedene Sektoren einschließlich der Informationstechnologie spezialisiert haben. Jedes Jahr wird “sehnsüchtig” auf den neuen Quadranten bzw. die neue Wave gewartet und mitgefiebert, ist man als Systemhersteller nun ein Leader, Visionär oder “einfach nur” von den Analysten geführt. Unbestritten ist es ein Gütesiegel für Systemhersteller überhaupt in diesen Reports erwähnt zu werden. Es zeigt an, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung hohe Qualitätsstandards erfüllt und auf dem aktuellen Markt durchaus relevant ist.

Sehr kritisch sehen wir jedoch, dass - vielleicht auch in der Natur der Darstellung - stets der Blick in den oberen rechten Bereich der jährlich erscheinenden Quadranten und Grafiken wandert und im schlimmsten Falle die Systemauswahl basierend ausschließlich auf dieser Einordnung passiert.

Damit man diese Reports korrekt einordnen kann, haben wir die Informationen der Einordnung von Gartner einmal zusammengestellt.

Was muss eine DXP generell mitbringen?

Es gibt sehr viele verschiedene Reports und natürlich muss es auch eine Einordnung geben, für welchen Systemtyp oder Bereich die Software überhaupt geprüft, analysiert und schlussendlich gerankt wird. Um dies zu tun hat Gartner eine Auflistung vorgenommen, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein System überhaupt im DXP (Digital Experience Platform) Bereich angesiedelt wird.

Must-Have Capabilities

Zu den must-have Anforderungen für die Zuordnung in den DXP Markt zählen:

  • Content-Management-Funktionen für die Verwaltung verschiedener Inhaltstypen, einschließlich (aber nicht beschränkt auf) Textinhalte, Grafiken und andere Rich-Media-Inhalte, Webinhalte, Inhalte für mobile Apps, Chatbot-Inhalte und Sprachinhalte.
  • Unterstützung für Multi-Experience-Präsentation, Orchestrierung, Bereitstellung und Zusammenstellung von digitalen Erlebnissen über hybride und/oder Headless-Funktionen.
  • Eine komponierbare Architektur für modulare und API-first-Ansätze mit einem Satz (oder mehreren Sätzen) diskreter, aufgabenorientierter und unabhängig einsetzbarer Geschäftspakete (PBCs).
  • Cloud-Fähigkeiten - jeder DXP muss für die Cloud-Bereitstellung als PaaS (mit oder ohne verwaltete Dienste) und/oder SaaS verfügbar sein, um die Vielseitigkeit der Bereitstellung, Skalierbarkeit und Elastizität, Kosteneffizienz, verbesserte Markteinführungszeit und schnelle Innovation im Zusammenhang mit Cloud Computing zu gewährleisten.

Standard Capabilities

Als weitere Funktionalitäten sieht Gartner die folgenden, die allerdings nativ im System oder durch vorhandene Integrationen hergestellt werden können:

  • Produktverpackung: Alle Funktionen der DXP müssen in einem Dienste für die Verwaltung von Kundenprofilen, Registrierung, Login und Passwortverwaltung in einem eingeloggten Erlebnis.
  • Personalisierung basierend auf Verhalten, Segmentierung und KI.
  • Analyse und Verbesserung der Leistung und des tatsächlichen Nutzens in der User Experience.
  • Unterstützung bei der Planung und Analyse der gesamten Customer Journey.
  • Verwaltung und Nutzung von Kundendaten zur Erstellung umfassender Kundenprofile und Segmente.
  • Suche und Navigation zur Auffindung von Informationen und Services.
  • Zusammenarbeit und Wissensaustausch in Gruppen zur Erreichung gemeinsamer Ziele.
  • Sicherheits- und Zugriffsverwaltung für Rollen und Berechtigungen.
  • Einsatz künstliche Intelligenz zur natürlichen Sprachverarbeitung, Spracherzeugung, Übersetzung und anderen KI-Technologien zur Verbesserung des Engagements.

Einfach mal unverbindlich schnacken?

Sie haben Fragen zu unseren Leistungen oder wie Sie Ihr Projekt angehen sollten? Oder Sie suchen Austausch zu einem bestimmten Bereich? Für einen (virtuellen) Kaffee sollte doch Zeit sein.

Jetzt Kontakt aufnehmen »
Hand bietet einen Kaffee in der Sonne an

Und was muss ein Anbieter leisten, damit Gartner ihn in den Quadranten aufnimmt?

Es gibt folgende Aufnahme- und Ausschlusskriterien bei Gartner.

Business Criteria

  • Umsatz: Jeder Anbieter musste einen bestimmten Mindestumsatz erzielen und ein jährliches Wachstum vorweisen. Zudem mussten sie eine bestimmte Anzahl neuer Kunden gewinnen.
  • Marktpräsenz: Jeder Anbieter musste sein DXP-Produkt seit mindestens einigen Jahren auf dem Markt haben.
  • Geografische Abdeckung: Jeder Anbieter musste in mindestens zwei großen geografischen Regionen aktiv sein und dort einen Teil seines Umsatzes erzielen.
  • Partner-Ökosystem: Jeder Anbieter musste ein Netzwerk von zertifizierten Partnern für die Unterstützung bei der Implementierung haben.
  • Branchenabdeckung: Ein bestimmter Teil des Umsatzes eines Anbieters musste aus mindestens drei verschiedenen Branchen kommen, und das Marketing musste sich auf diese Branchen ausrichten.
  • Ökosystem-Aktivität und Marktinteresse: Jeder Anbieter musste ein aktives Ökosystem um sein DXP haben, mit Community-Foren, Büchern, Seminaren und Aktivitäten von Kunden und Partnern. Gartner berücksichtigte auch das Interesse am Markt.
  • Markteinführungsansatz: Jeder Anbieter musste sein DXP klar in seinen Markteinführungsstrategien und -aktivitäten einbeziehen, einschließlich Marketing, Preisgestaltung und öffentlicher Präsentationen.

Product Criteria

  • Produktverpackung: Alle Funktionen der DXP müssen in einem integrierten Produkt unter einem Namen verfügbar sein.
  • Unterstützung von Anwendungsfällen: Die DXP muss mindestens zwei der drei Anwendungsfälle B2C, B2B und B2E unterstützen.
  • Product capabilities: Die Produkt Eingangsvoraussetzungen, die bereits beschrieben wurden müssen erfüllt sein - ggf. durch Integrationen.

Bis jetzt ist noch nicht so viel passiert. Es wurde quasi eine Teilmenge der am Markt befindlichen Systeme gebildet und klare Kriterien definiert, weshalb man gelistet werden kann oder eben nicht. Nun benötigt es, um einen Quadranten aufzubauen zwei Dimensionen, Gartner hat die folgenden Kriterien definiert:

  • Completeness of Vision

  • Ability to Execute

Completeness of Vision / Vollständigkeit der Vision

Market Understanding

Dies bewertet die Fähigkeit eines Anbieters, die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und in Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. Anbieter mit klarer Marktvision hören auf Kundenanforderungen, antizipieren neue Bedürfnisse und reagieren mit einem Verständnis der Geschäftsanforderungen, des Ökosystems und der Wettbewerbssituation.

Marketing Strategy

Hier wird nach einer klaren, differenzierten Botschaft gesucht, die konsistent intern und extern kommuniziert wird, z. B. über soziale Medien, Werbung, Kundenprogramme und Positionsaussagen. Eine effektive Marketingstrategie zeigt, wie sich das Angebot von anderen DXP-Angeboten und veralteten Ansätzen zur Verwaltung von Web- und mobilen Erfahrungen unterscheidet.

Sales Strategy

Dies bewertet eine solide Vertriebsstrategie, basierend auf einer nachgewiesenen Verkaufsmethodik, die geeignete Netzwerke nutzt, einschließlich direkter und indirekter Vertriebs-, Marketing-, Service- und Kommunikationsnetzwerke. Es wird auch geprüft, wie Partner die Reichweite, Expertise und den Kundenstamm eines Anbieters erweitern.

Offering (Product) Strategy

Hier wird die Herangehensweise an die Produktentwicklung und -bereitstellung bewertet, die auf Marktdifferenzierung, Funktionalität und zukünftige Anforderungen ausgerichtet ist. Der DXP-Markt bevorzugt Angebote, die integrierte und leicht erweiterbare Kernplattformen bieten.

Business Model

Dies untersucht das Produktumsatzwachstum und die Geschäftstätigkeit mit Kunden. Es wird auch nach einem starken Partnerökosystem gesucht, das die Marktstrategie des Anbieters verstärkt. Das Geschäftsmodell sollte auf die Geschäftsziele und Anforderungen bestehender und potenzieller DXP-Kunden abgestimmt sein.

Vertical / Industry Strategy

Hier wird die Strategie eines Anbieters bewertet, Ressourcen, Fähigkeiten und Produkte auf die spezifischen Bedürfnisse einzelner Marktsegmente oder Branchen auszurichten. Anbieter müssen ihre Vielseitigkeit und Expertise in verschiedenen Branchen durch vertikale Strategien demonstrieren.

Innovation

Dies bewertet die Fähigkeit eines Anbieters, Innovationen in der modernen Architektur, Analytik, KI, Wissensgraphen, Kontextbewusstsein, IoT und Benutzererfahrungsgestaltung zu nutzen, um differenzierte und kontinuierlich ansprechende digitale Erlebnisse zu bieten.

Geographic Strategy

Hier wird die Strategie eines Anbieters bewertet, Ressourcen, Fähigkeiten und Angebote auf die spezifischen Bedürfnisse von Regionen außerhalb des Heimatmarktes auszurichten, sei es direkt oder über Partner, Kanäle und Tochtergesellschaften, je nach Region und Markt.

Ability to Execute

Product or Service

Hierbei geht es um die Kernprodukte eines Anbieters im DXP-Markt. Dazu gehören aktuelle Produkte, deren Qualität, Funktionen, Fähigkeiten usw. Es wird bewertet, wie gut diese Produkte integriert, skalierbar, verwaltbar und sicher sind und wie einfach sie bereitgestellt werden können. Besonderer Wert wird auf die Kohärenz der Produkte gelegt.

Overall Viability

Dies umfasst die finanzielle Gesundheit eines Anbieters, seinen allgemeinen Erfolg und seine Produktvision sowie die Wahrscheinlichkeit, dass er weiterhin in seine Produkte investiert. Es wird die finanzielle Stabilität des Unternehmens und der Geschäftseinheit bewertet, einschließlich des Wachstums am Markt, des Managements und der Finanzstrategie.

Sales Execution / Pricing

Hier wird die Fähigkeit des Anbieters bewertet, alle Verkaufsaktivitäten und die unterstützende Struktur zu bewältigen. Dazu gehören das Management von Geschäften, Preisgestaltung, Verhandlung, Vertriebsunterstützung und die Effektivität des Vertriebskanals. Außerdem wird die Qualität des Verkaufsteams und dessen Ausrichtung an der DXP-Strategie bewertet.

Market Responsiveness / Record

Dies bewertet die Fähigkeit eines Anbieters, auf Marktveränderungen zu reagieren, flexibel zu sein und im Wettbewerb erfolgreich zu sein. Es wird die Reaktionsfähigkeit auf sich ändernde Marktanforderungen und die Erfolgsgeschichte bei der Nutzung von Marktchancen betrachtet.

Marketing Execution

Hier wird die allgemeine Bekanntheit des Anbieters im Markt sowie die Wahrnehmung durch die Kunden bewertet. Es geht um die Wirksamkeit der Marketingmaßnahmen, um DXP-Botschaften zu vermitteln, die Marke zu fördern und das Produktbewusstsein zu steigern. Erfolgreiches Marketing zeigt sich durch positive Wahrnehmungen und klare Kommunikation der Produktentwicklung.

Customer Experience

Dies betrifft die Produkte und Dienstleistungen sowie Programme, die es Kunden ermöglichen, die gewünschten Ergebnisse mit den bewerteten Produkten zu erzielen. Bewertet werden die Kundenzufriedenheit, die Qualität der Interaktionen zwischen Anbieter und Käufer, der technische Support und der Account-Support sowie zusätzliche Unterstützungsprogramme und Dokumentationen.

Operations

Hier wird die Fähigkeit eines Anbieters bewertet, seine Ziele und Verpflichtungen zu erfüllen, basierend auf der Qualität seiner Organisationsstruktur, Fähigkeiten, Erfahrungen, Programme, Systeme und SLAs für cloudbasierte Dienste. Es wird untersucht, wie effektiv und effizient das Unternehmen operiert.

Einordnung in den Quadranten

Die Kriterien bewertet Gartner regelmäßig. Durch die Punktevergabe werden die Hersteller und Systeme in die bekannten Quadranten und Kategorien eingeordnet:

Diagramm des Gartner Quadranten

So ordnet Gartner die verschiedenen Quadranten ein

Leaders
Leaders sind in der Lage, eine Vielzahl von DXP-Anwendungsfällen zu unterstützen und die Anforderungen der Kunden über lange Zeiträume hinweg zu erfüllen. Führende Unternehmen haben bedeutende Produktinnovationen im Hinblick auf DXP-Anforderungen entwickelt und waren erfolgreich beim Verkauf an neue Kunden in verschiedenen Branchen.

Challengers
Challengers weisen eine hohe Umsetzungsfähigkeit auf, verfügen über starke Unternehmen und Kundenstämme sowie Produkte, die den aktuellen Anforderungen entsprechen. Sie verfügen jedoch nicht über die Visionen von Leadern und Visionären und haben daher möglicherweise Schwierigkeiten, die zukünftigen Anforderungen aus technologischer oder geschäftlicher Sicht vollständig zu erfüllen.

Visionaries
Visionaries sind zukunftsorientierte Anbieter, die ein sicheres Gespür für neue Kundenbedürfnisse und die potenziellen Auswirkungen neuer Technologien haben. Allerdings mangelt es ihnen an einigen Aspekten ihres Angebots, an Service und Support und/oder an Geschäfts- und Partner-Ökosystemen, was ihre Umsetzungsfähigkeit beeinträchtigt.

Niche Players
Niche Players konzentrieren sich auf begrenzte DXP-Einsatzszenarien, haben eine begrenzte geografische Präsenz außerhalb ihres Heimatmarktes und/oder konzentrieren sich auf eine begrenzte Anzahl von Branchen.

Hier stecken natürlich schon wieder Wertungen des Analysten, die keineswegs für alle Märkte und alle Hersteller in allen Kontexten wirklich relevant und korrekt sind. Beispielsweise das Thema der “begrenzten geografischen Präsenz außerhalb des Heimatmarktes”. Dies muss nicht zwingend ein negativer Punkt bei der Auswahl eines Systems sein - solange der Heimatmarkt des Systems mit dem des Kunden übereinstimmt ist dieses Kriterium als eher schwach einzuordnen. Es gilt also immer den Kontext des Systems, des Kunden, des Marktes und der Zielsetzung einzuordnen.

Wie verwende ich einen Gartner Magic Quadrant also richtig?

Es bietet sich an, diesen Quadranten als Ausgangsbasis für eine Technologieentscheidung heranzuziehen. Die darin befindlichen Unternehmen und Systeme sind zunächst einmal alle valide Kandidaten für z.B. eine DXP Auswahl.

Eine Entscheidung rein auf der Positionierung zu treffen ist aber nicht zielführend. Hier sollte mindestens auf die konkreten Anforderungen, Rahmenbedingungen und Ziele eingegangen werden und gegen die Systeme aus dem Quadranten gehalten werden.

Lassen Sie sich nicht zu sehr von der Positionierung des Herstellers und des Systems leiten. Gartner selbst sagt zu ihrem eigenen Produkt:

"Denken Sie daran, dass es nicht immer die beste Vorgehensweise ist, sich auf den Quadranten der "Leader" zu konzentrieren. Es gibt gute Gründe, Challengers und auch Niche Players in Betracht zu ziehen - diese Anbieter können Ihre Bedürfnisse mitunter besser erfüllen als ein Leader. Es hängt alles davon ab, wie der Anbieter mit Ihren Geschäftszielen, Anforderungen, Rahmenbedingungen und Strategien übereinstimmt."
Magic Quadrant Research Methodology | Gartner

Kontakt zu SUTSCHE

SUTSCHE bietet unabhängige Beratung, Konzeption und Management von CMS-, e-Commerce und Onlinemarketing Projekten. Dabei helfen wir, Anforderungen aufzunehmen, die richtige Lösung auszuwählen und die passenden Dienstleister zu beauftragen.

Oftmals betreuen wir die komplette Durchführung als externe Projektleiter und sorgen für die fachgerechte Umsetzung des Konzeptes. Durch unsere Unabhängigkeit sparen wir unseren Kunden Geld und Zeit, da wir ohne Interessenkonflikt beraten können.

Bei Ihnen steht ein Projekt vor der Tür und Sie wünschen sich einen ersten Austausch. Lassen Sie uns bei einem virtuellen Kaffee unverbindlich über Ihre Herausforderungen und Ziele sprechen.

Kontakt aufnehmen »
zwei-frauen-sitzen-an-einem-tisch-und-schauen-auf-ein-blatt-papier

Autor dieses Artikels

Foto Bastian Sirvend

Bastian Sirvend

Berater, CEO

Bastian Sirvend, Mitbegründer von SUTSCHE und erfahrener Consultant, deckt ein breites Spektrum an Fachgebieten ab. Sein Wissen erstreckt sich von generellem Business Consulting über die Auswahl von CMS und Dienstleistern bis hin zur Anwendung von KI für Textautomation. Zudem bringt er seine Kompetenzen in der Entwicklung von Content- und Rolloutstrategien sowie im Interimsmanagement ein.

Profil anzeigen »